Dass US-Riesen wie Amazon und Co. mittlerweile in den meisten Handelssparten auch in Deutschland zu Mitbewerbern geworden sind, dürfte hinlänglich bekannt sein. Doch wie viele Unternehmen expandieren tatsächlich in die Bundesrepublik? Wie attraktiv ist der deutsche Markt für ausländische Onlinehändler? Wir haben die wichtigsten Zahlen und Fakten zusammengestellt.
Internationale Händler
Trends und Zahlen
Im Unterschied zur Cross-Border-Aktivität von deutschen Onlinehändlern im Ausland gibt es wenig offizielle Zahlen zur Durchdringung des deutschen Marktes durch internationale Händler. So ist zum Beispiel keine steuerliche Anmeldung eines Gewerbes in Deutschland nötig, solange ein Unternehmen seinen Sitz innerhalb der EU hat und über seine Website lediglich Kunden in Deutschland akquiriert.
Andererseits reicht ein Blick auf die meistbesuchten Websites deutscher Kunden aus, um zu verstehen, dass sich die Frage heute kaum mehr stellt. Internationale Riesen wie Amazon und eBay teilen sich bis zu 69% der Onlinezeit deutscher Kunden, werberelevante Aktivitäten auf sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram noch nicht mit eingerechnet.
Dennoch sollte die Omnipräsenz von GAFA nicht den Blick auf andere große und mittlere Onlinehändler verstellen. Wie attraktiv ist der deutsche Markt für sie? Wie leicht oder schwer machen es hiesige Gesetze, aber auch Kundenerwartungen einer Marke aus einem anderen Land? Einen Anhaltspunkt kann der Vergleich zwischen Deutschland und anderen Ländern als Zielort der geschäftlichen Expansion bieten.
Dazu haben wir die Zahl der Übersetzungs-Aufträge und der mit TextMaster übersetzten Wörter nach Zielsprache in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 verglichen:
Dazu im Vergleich: So viele Menschen auf der Welt sprechen diese Sprache (Sprecher insgesamt, inklusive Muttersprachler)
Deutsch hat zwar nur ca. 1/8 so viele aktive Sprecher wie Englisch, aber über 50% des Projektvolumens, was professionelle Übersetzungsaufträge angeht. Noch deutlicher ist der Vergleich mit dem Spanischen: 2,3 Mal mehr Menschen sprechen Spanisch als Deutsch, aber das Deutsche überholt Spanisch als Zielsprache für Übersetzungen um 11%.
Herausforderungen
Während der deutsche Markt auf den ersten Blick also geradezu ein Magnet für ausländische Onlinehändler zu sein scheint, müssen Gewerbetreibende mit Herausforderungen rechnen, die den Handelsplatz Deutschland von anderen unterscheiden. Dazu gehören:
- Die deutsche Sprache: Nach wie vor der wichtigste Vertrauensfaktor.
- Die Marktgröße: Deutschland hat nach Großbritannien den mit Abstand umsatzstärksten E-Commerce in Europa
- Logistik und Infrastruktur
- Hohe Retourenquoten
- Hohe Erwartungen an den Kundenservice
- Werte wie Vertrauen, Sicherheit und Treue. Deutsche Kunden würden im Vergleich mit anderen großen Wirtschaftsnationen am meisten für den Schutz persönlicher Daten ausgeben.
- Qualitätsgarantien und Zertifizierungen
- Bundesweite Rechtsprechung
Nicht zuletzt gehören zu den Herausforderungen, insbesondere für Händler aus den USA oder Asien, die unterschiedlichen Rechte und Gewohnheiten, die innerhalb des EU-Raums existieren.
Chancen
Trotz mancher spezieller Gegebenheiten, auf die sich Onlinehändler also einstellen müssen, scheint der deutsche Markt einfacher zu erreichen als andere europäische. Ob Retailer, Pure Player oder Omnichannel – bei der Frage nach Schwierigkeiten, die sich für verschiedene E-Commerce-Modelle in einem Land stellen, landet Deutschland jeweils nur auf dem fünften Platz, weit hinter komplizierten Märkten wie dem UK, Frankreich oder selbst Österreich.
Betrachtet man das Modell Marketplace, zeichnet sich ein noch deutlicheres Bild ab. Auf dem Marktplatz Amazon Deutschland zum Beispiel kommen fast die Hälfte der Anbieter aus dem internationalen Raum:
Angesichts dieses immer weiter zunehmenden Einflusses von Mega-Händlern und Marketplaces sprechen manche Experten bereits eine Warnung wegen schwindender Marktanteile deutscher Händler und entgangener Steuereinnahmen im Inland aus. Es zeigt sich aber auch, dass ein attraktiver deutscher Standort zur Schaffung von mehr Arbeitsplätzen und Wertschöpfung im Inland beitragen kann.
Sie suchen weitere Zahlen und Meinungen zur Internationalität des deutschen Marktes? Werfen Sie doch einmal einen Blick in unsere Studie „Die Internationalisierung der deutschen Digitalwirtschaft“.