Obwohl sie der Leistungsgarant bei einer Internationalisierung ist, wird die Unternehmenskultur dennoch oft aus der Strategie ausgeklammert. Ziel ist selbstverständlich, sie auf neue Filialen und Unternehmensstandorte auszuweiten. Die Gefahr andererseits, sie zu verwässern. Wir haben mit Amélie Fenzy von Valeurs&Valeur über Werte in internationalen Unternehmen gesprochen und präsentieren hier die Tipps der Expertin.
Unternehmenskultur und Internationalisierung, eine Mischung mit großem Potenzial… und Risiken
Auf der einen Seite stehen die Werte des Unternehmens, auf der anderen Seite die Kultur des Kollegenkollektivs: aus diesem Ganzen entsteht die Unternehmenskultur. „Das Management hat Werte„, sagt Amélie Fenzy, „eine Energie, für die es gegenüber den Mitarbeitern einsteht. Die Mitarbeiter wiederum steigern die Energie durch das, was sie im Alltag zusammen erleben. Es ist die Kombination aus beidem, die funktioniert„.
Eine manchmal sensible Mischung, die in der Phase der Internationalisierung einer harten Prüfung unterzogen wird… Denn das Unternehmen kann während der Expansion einige etablierte Werte verlieren und nimmt dafür andere auf, die für eine lokale Kultur charakteristisch sind. Auf einer soliden Basis kann ein solcher Wandel das Unternehmen bereichern, ohne diese Grundlage kann er es hingegen destabilisieren. Die Gefahr? „Unverständnis, Differenzen, viel Zeit-, Energie- und Leistungsverschwendung„.
Auf dem Papier erscheint der Aktionsplan daher simpel. „Zuerst sollte man in Bezug auf die Grundwerte der Unternehmenskultur schon auf festem Boden stehen„, sagt Amélie.
„Zweitens muss man diese Kultur regelmäßig beleben, um einen Austausch zu schaffen, drittens muss man eine etwas andere Kultur aufbauen, die jedoch die wesentlichen Bestandteile der Kultur des Herkunftslandes bewahrt!“.
Der Schlüssel: Eine solide Basis aufbauen
Auch wenn sich das Erfolgsrezept leicht zusammenfassen lässt, ist die Umsetzung weitaus komplexer. „Die meisten Unternehmen legen ihre Unternehmenskultur nie genau fest, geschweige denn das, was sie beinhaltet„, bedauert Amélie. „Aber solange wir nicht sagen können, was in unserer Kultur respektiert werden muss, können wir uns nicht für andere öffnen„. Durch die Verbalisierung ihrer Werte können klare Kommunikationsgrundlagen geschaffen werden, sodass die erwünschten Verhaltensweisen deutlich werden. Was bedeutet die Unternehmensmaxime wirklich? Welche Dynamik entsteht dadurch in kollektiven Beziehungen? Was sollen wir tun oder nicht tun?
Dieser Schritt ist umso wichtiger vor dem Hintergrund eines internationalen Expansionsprozesses, der in einem Land sinnvoll ist, aber nicht unbedingt gleichermaßen in einem anderen Land. „Alle sind sich einig, dass Höflichkeit ein wichtiger Wert ist„, sagt Amélie. „Aber Höflichkeit bedeutet für manche ein Lächeln, für andere ein Guten Tag und für wieder andere, im Büro des Chefs vorbeizugehen und ihn mit einem Lächeln zu begrüßen! Bei den größten Problemen in Beziehungen geht es nicht um Leistung, sondern um das Teilen gleicher Werte„.
Belebung der Unternehmenskultur im richtigen Tempo
Auch wenn die Unternehmenskultur von den Mitarbeitern selbst in ihrem Heimatland vollständig gelebt und geteilt wird, muss sie regelmäßig belebt werden, damit sie wirklich zum Tragen kommt. Wie? „Der erste Schritt besteht darin, sie zu einem Faktor beim Recruitment zu machen„, sagt Amelie. Die Bewerber müssen verstehen, welche Werte sie mit Zugehörigkeit zum Unternehmen verteidigen und teilen sollen, ohne dabei ihre Individualität zu verleugnen. Das Unternehmen muss wiederum auch akzeptieren, dass Neuankömmlinge die bestehende Kultur teilweise verändern.
„Anschließend geht es für das Management darum, die Unternehmenswerte zu einem aktiven Faktor bei der Mitarbeiterführung zu machen„, fährt die Gründerin von Valeurs&Valeur fort. Jeder Mitarbeiter muss vom Fazit seines Managers und konstruktivem Feedback profitieren, um seine Stärken und Verbesserungsmöglichkeiten in Bezug auf die von der Firma vertretene Kultur zu erkennen – mindestens zweimal pro Jahr, idealerweise jeden Monat in der heißen Internationalisierungsphase.
Die ideale Kombination: Integration der lokalen Kultur in die Firmenkultur
„Die Internationalisierung ähnelt einer Paardynamik„, sagt Amélie. Zwei Kulturen, die des Herkunftslandes und die des Ziellandes, „die unabhängig voneinander gefestigt sein müssen, um eine Einheit bilden zu können„.
Bereits in den frühen Phasen einer internationalen Strategie kommen neue Elemente zur vorhandenen Unternehmenskultur hinzu, besonders wenn das Unternehmen lokale Arbeitskräfte beschäftigt. Die kollektive Energie umfasst daher von nun an neue Profile, neue Gewohnheiten, neue Methoden…“ Wenn das Unternehmen eine solide Basis hat, kann es die Änderungen integrieren„, fasst Amélie zusammen. „Es baut dann eine neue Kultur auf, die die Grundlagen der ursprünglichen Kultur respektiert und von den Grundlagen des neuen Landes durchdrungen ist.
Das Schlusswort? Die internationale Anpassung der Unternehmenskultur sollte nicht improvisiert werden. „Die gesamte Managementstrategie ist betroffen„, folgert Amélie Fenzy, „und das korrekte Handling dieser Beziehung braucht viel Zeit. Es ist unmöglich, auf einem neuen Markt Fuß zu fassen, ohne das zu berücksichtigen.“
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