In einem früheren Artikel haben wir uns bereits mit dem Thema Unternehmenskultur auseinandergesetzt, insbesondere mit den Herausforderungen, die Unternehmen im Rahmen ihrer Internationalisierung erwarten (hier geht’s zum Artikel). Heute beschäftigen wir uns auf der Grundlage einer Studie von Christine Congdon und Catherine Gall, die im Auftrag von Steelcase durchgeführt und in der Harvard Business Review veröffentlicht wurde, mit verschiedenen Unternehmenskulturen in 11 Ländern der Welt.


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1. Frankreich und Spanien: beinahe identische Unternehmenskulturen

Weder allzu autoritär, noch absolut partizipativ. Weder allzu individualistisch, noch absolut kollektivistisch. Die Unternehmenskulturen Frankreichs und Spaniens charakterisieren sich in diesen Punkten durch ein ausgewogenes Gleichgewicht. In anderen Bereichen der Unternehmenskultur weisen diese beiden Nachbarländer jedoch markantere Merkmale auf. So zeichnen sich beispielsweise beide durch eine eher „feminine“ Unternehmenskultur aus, also durch eine Unternehmenskultur, die ein Verhalten anregt, das für gewöhnlich eher Frauen zugeschrieben wird (obwohl Verhalten selbstverständlich niemals eindeutig maskulin oder feminin ist). Zusammenarbeit und Harmonie sind wichtige Werte im französischen und spanischen Büroalltag. Darüber hinaus wird der Sicherheit in beiden Ländern oberste Priorität eingeräumt, wie die Studie von Steelcase/HBR hervorhebt: „In Frankreich und Spanien sind Arbeitnehmer sehr vorsichtig, wenn es um das Teilen von Informationen geht, und sie treffen wichtige Entscheidungen erst nach gründlichen Überlegungen.“ Da sowohl die französische als auch die spanische Unternehmenskultur eher kurzfristig als langfristig ausgerichtet ist, spielt die indirekte Kommunikation (nonverbale Signale, visuelle Hinweise, Körpersprache, …) eine bedeutende Rolle.

2. Marokko und Indien: sehr ähnliche Unternehmenskulturen mit einigen wenigen Unterschieden

Die marokkanische und indische Unternehmenskultur ähnelt sich in vielen Punkten: obwohl beide eher autoritär sind (Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Hierarchiestufen sind ziemlich beschränkt), hat die Zusammenarbeit doch eine wichtige Bedeutung. Denn für Personen und Teams auf der gleichen Hierarchiestufe zählen vor allem Zusammenarbeit und Zusammenhalt. In puncto Sicherheit und Prioritäten unterschieden sich die beiden Länder sehr deutlich: Während in Marokko viel Wert auf gute Abläufe und eine durchdachte Organisation gelegt wird, herrscht in Indien eher Ungewissheit, denn anstatt Problemen gezielt vorzubeugen, werden sie bei Bedarf einfach ad hoc gelöst. Außerdem bauen marokkanische Unternehmen eher auf kurzfristige Ansätze mit schnellen Erträgen, indische Betriebe hingegen konzentrieren sich eher auf ihre Beständigkeit mittels langfristigen Investitionen.

3. Vereinigtes Königreich und USA: die angelsächsische Unternehmenskultur

Wenn sich zwei Länder in ihrer Unternehmenskultur ähneln, dann haben sie selbstverständlich auch in anderen Kulturbereichen vieles gemeinsam. Bestes Beispiel hierfür sind das Vereinigte Königreich und die USA. Neben der gemeinsamen Sprache teilen diese beiden Länder viele andere Werte – auch abseits des Büroalltags. Die Tatsache, dass der Meinung von Arbeitnehmern bei Entscheidungsfindungen eine sehr große Bedeutung beigemessen wird, ist zweifelsohne eines der markantesten Merkmale der angelsächsischen Unternehmenskultur: Eigeninitiative, Eigenständigkeit und Eigenverantwortung werden hoch geschätzt. Laut der Studie von HBR „stehen im Vereinigten Königreich [wie auch in den USA] die Türen zu den Büros von Vorgesetzten immer offen. Dies fördert die Interaktion zwischen Arbeitnehmern unterschiedlicher Hierarchiestufen und Führungskräften und ermöglicht schnelle Entscheidungen.“ Das Arbeitsumfeld wird also nach den Vorstellungen des Personal und der Geschäftsführung gemeinsam gestaltet. Außerdem brauchen sowohl Briten als auch US-Amerikaner ein gewisses Maß an Wettbewerb innerhalb des Unternehmens – ein Merkmal, das in der Studie als eher maskulin definiert wird. Eine weitere Erkenntnis: „Arbeitnehmer haben kein Problem mit unstrukturierten Abläufen und unvorhersehbaren Ereignissen. […] Was zählt sind Schnelligkeit, Flexibilität und Innovationskraft.“

4. Italien und Deutschland: maskuline Unternehmenskulturen mit Fokus auf kurzfristigen Ansätzen

Diese beiden EU-Länder machen es ihren angelsächsischen Kollegen in Sachen Arbeitnehmerbeteiligung bei Entscheidungsprozessen gleich, stehen ihnen aber auch in puncto Wettbewerb und Wertschätzung von Erfolgen um nichts hinterher: „Die Unternehmenskultur Italiens ist in den meisten Betrieben sehr energisch und wettbewerbsorientiert. Sichtbare Machtsymbole wie etwa eigene Büros sind wichtig.“   Obwohl den Abläufen und der Organisation eine gewisse Bedeutung eingeräumt wird, werden sowohl die italienische als auch die deutsche Unternehmenskultur von kurzfristigen Ansätzen dominiert: minimale Investitionen und schnelle Erträge prägen das Geschäftsleben. Dennoch gibt es auch ein klares Unterscheidungsmerkmal: Während für die Italiener (in der Arbeit wie auch im privaten Leben) nonverbale Zeichen und andere Elemente der indirekten Kommunikation von großer Bedeutung sind, setzt man in Deutschland eher auf „eine ehrliche und direkte Gesprächsführung. Die Art und Weise, wie die Botschaft übermittelt wird, ist weniger wichtig.“

5. Die Niederlande und China: nahezu gegensätzliche Unternehmenskulturen

Es gibt wohl kaum zwei Kulturen auf dieser Welt, die unterschiedlicher sind als die niederländische und die chinesische. Die Unternehmenskulturen dieser beiden Länder bilden dabei keine Ausnahme: Die Unternehmenskultur Chinas ist ziemlich autoritär und kollektivistisch, wohingegen in den Niederlanden eher partizipative und individualistische Ansätze gelebt werden. Chinesische Vorgesetzte üben eine sehr starke Kontrolle über ihre Angestellten aus. Niederländische Führungskräfte bemühen sich dagegen eher, die Selbstständigkeit und Autonomie ihrer Mitarbeiter zu fördern sowie das Wohlbefinden zu steigern. Diese Mentalität spiegelt sich auch in der Gestaltung des Arbeitsumfeldes wider: „In den Niederlanden setzen Unternehmen auf offene, zugängliche Räume, die das Gleichheitsgefühl und das Wohlbefinden der Angestellten fördern.“ Zwei weitere Punkte, in denen sich diese beiden Länder diametral gegenüberstehen: Während sich China vollkommen auf langfristige Ansätze konzentriert (Unternehmensgeschichte und gemeinsame Rituale haben einen hohen Stellenwert), charakterisieren sich die Niederlande eher durch kurzfristige Sichtweisen. Außerdem bevorzugen die Niederländer, genau wie die Deutschen, im Gespräch mit ihren Kollegen eher eine direkte und explizite Kommunikationsweise, Chinesen hingegen legen im Dialog großen Wert auf Körpersprache und Gesichtsausdruck.

6. Russland: eine Unternehmenskultur ohne ihresgleichen

Die russische Unternehmenskultur kann mit den zuvor erwähnten nicht wirklich verglichen werden. Auf der einen Seite ist die Unternehmenskultur Russlands beinahe so kollektivistisch wie jene Chinas und fast so feminin wie jene der Niederlande, auf der anderen Seite spielen geordnete Abläufe und kurzfristige Ansätze eine wichtige Rolle, was den Unternehmenskulturen Frankreichs und Spaniens ähnelt. Das Markenzeichen der russischen Unternehmenskultur ist laut der Studie von Steelcase/HBR die sehr stark ausgeprägte Autorität. „In Russland wird die Teamarbeit innerhalb derselben Gruppe zwar sehr geschätzt, aber die einzelnen Abteilungen arbeiten stark voneinander abgeschottet. Außerdem haben Angestellte kaum Zugang zu Führungskräften.“ Ebenso wie Traditionen, kulturelle Bezüge und Sprachen sind auch Unternehmenskulturen von Land zu Land verschieden. Obwohl manche Länder bestimmte Charakteristika miteinander teilen (meist benachbarte oder kulturell ähnliche Länder), gibt es doch keine zwei Unternehmenskulturen, die einander vollkommen gleich sind. Es gibt nicht einmal zwei Unternehmen, die eine exakt gleiche Unternehmenskultur und absolut identische Wertvorstellungen haben. Fest steht: Wer sich in neuen Märkten etablieren will, muss die landesspezifischen Besonderheiten kennen und berücksichtigen.

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